Tim Bendzko: Wenn Worte meine Sprache wären

Tim Bendzko macht endlich nur noch das, was ihm schon immer am nächsten lag: Musik. An seiner Single „Nur noch kurz die Welt retten“ ist man in den vergangenen Wochen kaum vorbei gekommen. Jetzt hat der 26-jährige Berliner sein Debütalbum „Wenn Worte meine Sprache wären“ veröffentlicht. Darauf gibt er sich soulig, tiefgründig, kommt dem Pop-Einheitsbrei teilweise jedoch ein wenig zu nahe.

„Wenn Worte meine Sprache wären“ lebt von Akkorden und Melodien, die sich einfach einprägen, die nicht mehr aus dem Kopf gehen wollen. Lässig paart Tim Bendzko die Musik mit seiner souligen Stimme und Texten… Ja, die Texte. Bei denen ist man sich bei Tim Bendzko nicht so wirklich sicher. Mal gibt er sich überzeugend tiefgründig („Ich laufe“), mal kommt er Pop-Allerweltstexten gefährlich nahe („Ich kann das alles sehen“, „Das letzte Mal“).

Auch wenn er selbst behauptet, mit 16 Jahren schon so ausdrucksstarke Texte und Songs geschrieben zu haben, dass ihm diese niemand abgenommen hätte und er beschloss, die Musikerkarriere noch ein wenig hinten anzustellen: An manchen Stellen seines Debüts hört man doch, dass nicht jede Metapher sitzt, nicht jede Tiefgründigkeit auch wahre Tiefe besitzt.

Doch das ist eigentlich auch gar nicht weiter schlimm, denn musikalisch ist „Wenn Worte meine Sprache wären“  ein wirklich hörenswertes Debüt. Tim Bendzko hat Soul in der Stimme und beweist auch in Sachen Songwriting und Arrangement ein gutes Händchen. So bekommt „Nur noch kurz die Welt retten“ beispielsweise durch die prägnante Cello-Linie eine sehr eigene Note, die in Verbindung mit dem eingängigen Refrain und Gitarre und Percussions wirklich groovt.

Überhaupt weiß die Instrumentierung mit Gitarre, Drums, Bass und wahlweise Streichern und Piano zu gefallen.  Songs wie „Mehr davon“ und „Keine Zeit“ profitieren eindeutig davon und leben durch das harmonische Zusammenspiel von Gesang und Arrangement. Und doch gibt es hier und da Stellen, an denen Tim Bendzko dem Erwartungsdruck nicht standhalten kann. So sind die ersten Takte des Titelsongs „Wenn Worte meine Sprache wären“ vielleicht die vielversprechendsten des gesamten Albums. Lässig und laid back versprüht das Lied einfach Charme. Und eben jener geht mit Einsetzen des dudeligen Refrains, der zudem noch mehr als die Hälfte des Sings ausmacht, leider verloren.

Und noch eine Tatsche fällt relativ schnell ins Auge: Tim Bendzkos separat eingespielten Live-Videos haben im Vergleich zu den Album-Versionen der Lieder weitaus mehr Groove, Soul und Tiefgang. Was auf Platte an manchen Stellen zu soft, zu glatt, zu perfekt klingt, kommt live weitaus erdiger und auch sympathischer rüber – stellt gar den Reiz an Tim Bendzkos Musik treffender heraus. Wer sich davon selbst überzeugen möchte, hat in diesem Jahr zum Glück noch ausreichend Gelegenheit.

http://www.youtube.com/watch?v=zz3QjODaw1c&feature=player_profilepage

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